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Schnellerfassung

„Auswirkungen des verdichteten Bauens auf die Trinkwasserverteilung“


Schon die Teilnehmerzahl übertraf das gesteckte Ziel. Offensichtlich hatte Nussbaum mit dem Tagungsthema ins Schwarze getroffen. Sanitärplaner, Fachlehrer, Verbandsverantwortliche und die Fachpresse kamen ins firmeneigene Kundenhaus Optinauta in Trimbach bei Olten, um sich über die heutigen und zukünftigen Herausforderungen für die Branche beim Bau von Grossobjekten auszutauschen und neue Denkansätze zu diskutieren.

Text: Andreas Stettler
Fotos: Markus Wolf

Mit einem Haupt- und fünf Kurzreferaten über die Trinkwassergüte, Warmwasseraufbereitung, Feinverteilung und Inbetriebnahme wurde die Basis für den sehr angeregten Erfahrungs- und Meinungsaustausch gelegt. Mikrobiologe Stefan Kötzsch (Hochschule Luzern/Eawag) erläuterte die wissenschaftliche Seite der Bakterienbildung in Trinkwasserverteilsystemen und betonte, wie wichtig die

Qualität der verwendetenMaterialien, die richtigen Temperaturen und die Vermeidung von Stagnation sind. Erstaunlich: Nicht unbedingt die komplexen, weitläufigen Installationssysteme bieten den besten Nährboden für Bakterienbefall, sondern die letzten Zentimeter in Dusch- und Flexschläuchen, die sich bisher oft der Zertifizierung entziehen.

Die Verdichtung verlangt ein Umdenken

Zur Warmwasseraufbereitung, Feinverteilung und Prüfung/Inbetriebnahme äusserten sich drei gestandene Sanitärplaner: Michele Guglielmo (Mitinhaber GRP Ingenieure AG, Rotkreuz) wagte sich gedanklich auf das noch dünne Eis der dezentralen Warmwasseraufbereitung mit all ihren Unbekannten. Genau diese Überlegungen boten dann viel Gesprächsstoff für die spätere Podiumsrunde. Erich Ott (Leiter Sanitärplanung Ernst Basler + Partner AG, Zürich) ortete eine Erschwerung der Feinverteilung in den gestiegenen Komfortansprüchen und den grosszügigen Wohnungslayouts mit ihren zahlreichen und weit auseinander liegenden Verbrauchern. Die Auslegung der Trinkwasserverteilung und die Wahl der Installationsmethode (Einzelzapfstellen, T-Stück etc.) seien vermehrt objektspezifisch zu lösen.

Ott gestattete sich die Frage, wie viel sanitärer Komfort der Mensch denn tatsächlich brauche.Roni Hess (GL-Mitglied Enerconom AG, Bern/Solothurn) schliesslich appellierte ohne Umschweife an das Verantwortungsbewusstsein seiner Berufskollegen und plädierte für eine systematische Spülung, Prüfung und Inbetriebnahme von Installationssystemen, inklusive Protokoll. Dies werde leider zu wenig konsequent gemacht, sei aber gerade in Grossobjekten mit Stagnationszeiten von mehreren Wochen, wenn nicht Monaten, umso wichtiger. Die entsprechenden Hilfsmittel seien schliesslich in Form von Normen (SIA 385/1+2, SVGW W3) heute schon vorhanden. Die Teilnehmer erfuhren anschliessend von anwesenden Verbandsvertretern, dass eine Arbeitsgruppe sich dieses Themas bereits angenommen habe.

Neue Wege in der Planung und Umsetzung

Die Podiumsdiskussion war von Anfang an auch als Plenumsdiskussion gedacht. Zügig ergriffen die Tagungsteilnehmer das Wort, um die Referenten nach Ratschlägen zu fragen und um eigene Erkenntnisse kundzutun. Wo und wie soll gedämmt werden? Sind Warm-  und Kaltwasser zu trennen? Wären niedrigere Ausstosstemperaturen verantwortbar? Wie lassen sich das Energiesparen und die steigenden sanitären Ansprüche vereinbaren?

Wird die Warmwassererzeugung weiterhin zentral oder künftig dezentral erfolgen?Viele Wortmeldungen sowie längere, teils sehr engagierte Voten machten die Nussbaum Expertentagung einmal mehr zu einer lebendigen Plattform für aktuelle und künftige Fragestellungen. Es war nicht Ziel des Anlasses, zu den behandelten Themen eine Einigung zu erzielen oder eine pfannenfertige Lösung zu finden. Deshalb durften Fragen unbeantwortet, Vorschläge im Raum stehen bleiben.

Fazit der 4. Nussbaum Expertentagung

Trotzdem wurden, bevor man zum gemeinsamen Mittagessen schritt, die wichtigsten Erkenntnisse aus den Referaten und Diskussionen in Stichworten zusammengefasst, dem Plenum zur kritischen Stellungnahme vorgelesen und ohne Einwände genehmigt. Sie lauten:

Entscheidend für die biologische Stabilität sind die Rohwasserqualität der Wasserversorgung, ein intaktes und gut unterhaltenes Verteilnetz sowie der Einsatz von hochwertigen, zertifizierten Materialien und Installationssystemen in Gebäuden. In grossen Gebäuden wird auch die ungewollte Erwärmung von Kaltwasser zunehmend als Problemzone erkannt.

Grundlage für die Aufbereitung und Verteilung von Warmwasser in Gebäuden bilden die SIA-Normen 385/1 und 385/2 sowie die SVGW W-3. Bei Grossobjekten besteht Innovationspotenzial bezüglich der zentralen beziehungsweise dezentralen Aufbereitung und Speicherung von Warmwasser sowie der Warmhaltung der Verteilleitungen.

Die Ausstosszeiten für Warmwasser nach SIA-385 sind mit dem Einzelzapfstellen-System und warm gehaltenem Verteiler am sichersten zu erreichen. Beim Einzelzapfstellen-System sind auch Druck- und Temperaturschwankungen am geringsten.

Die Erstbefüllung trägt massgeblich zur Einhaltung der Hygiene bei und gewinnt mit zunehmender Grösse und Komplexität von Bauprojekten an Wichtigkeit. Die Zuständigkeiten für die Prüfung und Inbetriebnahme sind im Vorfeld klar und schriftlich zu regeln.

Die 4. Nussbaum Expertentagung darf als voller Erfolg gelten. Die Rückmeldungen vor Ort und im Nachhinein waren durchwegs positiv. Dass die offene Diskussionsrunde wie von selbst lief und die Teilnehmer auch in den Pausen und beim abschliessenden Mittagessen intensiv weiter fachsimpelten, ist der beste Beweis dafür, dass das verdichtete Bauen wohl noch weitere Herausforderungen für die Branche bereit hält.