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Schnellerfassung

299.1.006 / V15

7 Begriffe und Definitionen

7.1 72-Stunden-Regel

Beim bestimmungsgemässen Betrieb sollte das Trinkwasservolumen in den Leitungen idealerweise täglich, jedoch spätestens alle 72 Stunden erneuert werden.

Die 72-Stunden-Regel ist besonders bei neu erstellten Trinkwasserinstallationen von grosser Bedeutung: Bis die Anlage eingefahren ist, ist die Trinkwassererneuerung entscheidend für die Bildung des Biofilms. Wenn zwischen Erstbefüllung und bestimmungsgemässem Betrieb mehr als 72 Stunden liegen, muss durch geeignete Massnahmen sichergestellt werden, dass der Wasserinhalt des betroffenen Leitungsabschnittes bis zum bestimmungsgemässen Betrieb alle 72 Stunden erneuert wird. Dies kann in Form einer manuellen Trinkwasserentnahme durch eine Sanitärfachkraft oder einen Vertreter des Bauherrn erfolgen. Auch automatische Entnahmen aus den Verteilleitungen und Stockwerkverteilleitungen sind möglich.

Bei eingefahrenen Systemen hat die Stagnation einen geringeren Einfluss. Falls es bei einem mikrobiologisch stabilen Trinkwasserverteilsystem, das bereits über mehrere Monate bestimmungsgemäss betrieben worden ist, zu einer längeren Abwesenheit kommt, sind die Massnahmen aus W3/E3:2020, 12.3 (👉 Massnahmen bei kurzen und längeren Stagnationszeiten nach W3/E3:2020, 12.3, Tab. 2) zu beachten.

Die regelmässige Volumenerneuerung gemäss der 72-Stunden-Regel ist kein «Spülen» im Sinne der W3/E3. Spülen wird beispielweise direkt nach der Erstbefüllung durchgeführt und bezeichnet das gleichzeitige vollständige Öffnen mehrerer Entnahmearmaturen und das Erzeugen einer Fliessgeschwindigkeit > 1.5 m/s (Entnahmedurchfluss Durchschnitt 10 l/min). Weitere Informationen: 👉 Erstbefüllung und Spülung.

Anmerkung: Sogenannte «Spülsysteme» verfolgen durchaus das Ziel einer Volumenerneuerung gemäss der 72-Stunden-Regel, stossen hierbei jedoch zwangsweise an ihre Grenzen (👉 Spülsysteme).

7.2 Einzelzapfstellen-System

Nussbaum empfiehlt für die letzten Meter vor der Entnahme ein Einzelzapfstellen-System mit optimal dimensionierten Ausstossleitungen:

  • Jeder Apparat wird durch eine eigene Ausstossleitung mit Schutzrohr an den Verteiler angeschlossen.

  • Daher sind mit dem Einzelzapfstellen-System kleinstmögliche Rohrdurchmesser umsetzbar.

  • Zusätzlich sollte eine Leitungslänge von 9 m nicht überschritten werden (👉 9-Meter-Regel).

Auf den ersten Blick hat das Einzelzapfstellen-System vermeintlich folgende Nachteile:

  • Im Vergleich zu einer geschlauften Installation oder einer T-Stück-Installation ist das Gesamtleitungsvolumen für alle Apparate zusammen grösser.

  • Wenn ein Apparat längere Zeit nicht genutzt wird, kommt es zur Stagnation in der Ausstossleitung.

Bei genauerer Betrachtung sieht man jedoch, dass der Nachteil eigentlich ein Vorteil ist:

  • Durch Einzelleitungen mit minimaler Rohrweite und einer Leitungslänge von max. 9 m ist das Leitungsvolumen für jeden einzelnen Apparat gering. Dies ermöglicht für jeden einzelnen Apparat einen schnellen Ausfluss des Leitungsinhalts. So kommt spätestens nach 5 Sekunden frisches Kalt- und Warmwasser (👉 Leitungsvolumen im Einzelzapfstellen-System und Dauer für den Ausfluss des Leitungsinhalts). Auch die von der W3/E3:2020 und SIA 385/2:2015 vorgegebenen Ausstosszeiten für Warmwasser ≥ 40 °C bzw. 50 °C und für Kaltwasser ≤ 25 °C werden mit Leichtigkeit eingehalten.

  • Auf diese Weise werden die Entnahmearmaturen (z. B. Brause, Duschschlauch, Strahlregler) mit frischem Wasser gespült und das darin stagnierte Wasser verworfen. In diesem kritischen letzten Meter lässt sich die Stagnation auch mit keiner der anderen Installationsformen vermeiden. Auch bei Einsatz einer Spülstation stagniert das Wasser in den Entnahmearmaturen.

Max. Leitungslänge

Rohrgrösse (Aussendurchmesser × Wanddicke)

Max. Leitungsvolumen

Belastungswert des Apparats

Max. Dauer für den Ausfluss des Leitungsinhalts

[m]

[mm]

[l]

[LU]

[s]

9

16 x 3.8

0.5

1

5

16 x 2.2

0.9

2

20 x 2.8

1.4

3

Leitungsvolumen im Einzelzapfstellen-System und Dauer für den Ausfluss des Leitungsinhalts

Anmerkung: Dieses Vorgehen deckt sich mit den Prinzipien der Grenzwertbestimmung. Bei einer Messung der chemischen TBDV-Grenzwerte sind die ersten 500 ml nicht messrelevant. Bei mikrobiologischen Messungen wird sogar mindestens der erste Liter verworfen.

Weitere Vorteile des Einzelzapfstellen-Systems:

  • Keine thermische Beeinflussung an der Entnahmearmatur:
    Anders als bei einer geschlauften Installation oder einer T-Stück-Installation kann die Erwärmung der Kaltwasserleitung über den Mischer vermieden werden. Weitere Details: 👉 Thermische Beeinflussung an der Entnahmearmatur.

  • Eindeutige Fliessrichtung (W3/E3: 2020, A10.1):
    Anders als bei einer Ring-Installation ist die Fliessrichtung in den Ausstossleitungen eindeutig.

  • Einfache Rohrweitenbestimmung (W3/E3: 2020, A10.1):
    Da jeder Apparat einzeln versorgt wird, sind die Rohrweiten unkompliziert zu berechnen. Hilfsmittel zur Dimensionierung sind auf der Nussbaum Webseite zu finden: www.nussbaum.ch/planungstools.

  • Separates Abstellen einzelner Leitungen (W3/E3: 2020, A10.1):
    Bei in Kästen montierten Verteilern kann jede Ausstossleitung separat abgestellt und vom Verteiler getrennt werden, wenn ein Apparat nicht mehr gebraucht wird.

7.3 6-Meter-Radius

Die Apparatedisposition sollte so gewählt werden, dass alle wasserführenden Apparate im Umkreis von 6 m rund um die Steigzone und den direkt daran angrenzenden Verteiler platziert sind.

Bei Apparaten mit einem Warmwasseranschluss, die weiter entfernt sind, wird es schwierig, die 9-Meter-Regel einzuhalten (👉 9-Meter-Regel). In diesem Fall müssen zusätzliche Steigzonen eingeplant werden.

7.4 9-Meter-Regel

Die 9-Meter-Regel beschreibt die maximale abgewickelte Leitungslänge von Ausstossleitungen im Einzelzapfstellen-System vom Abgang Verteiler bis zum Apparateanschluss.

Zusammen mit der richtigen Dimensionierung der Rohrweiten (z. B. 16 x 2.2 oder 20 x 2.8, je nach Volumenstrom des Apparats) ermöglicht dies sehr kleine Leitungsvolumen. So werden bei einem warmgehaltenen Verteiler die Ausstosszeiten sicher eingehalten. Der Druckverlust befindet sich somit auch in einem angemessenen Rahmen. Weitere Informationen: 👉 Einzelzapfstellen-System.

Voraussetzung für die Einhaltung der 9-Meter-Regel ist die Einhaltung des 6-Meter-Radius (👉 6-Meter-Radius).

7.5 5-Sekunden-Regel

Bei Umsetzung der Trinkwasseranlage nach der Nussbaum Lösung (👉 Einzelzapfstellen-System und 👉 9-Meter-Regel) gilt folgende Verhaltensregel für den Betrieb:

Das Wasser beim Gebrauch an der Entnahmearmatur 5 s vorlaufen lassen. So ist gewährleistet, dass der Inhalt der Ausstossleitungen verworfen wird und anschliessend frisches Wasser, das in der Steigzone konserviert wurde, bezogen wird. In den meisten Fällen erfolgt dies bei der Benutzung schon automatisch, z. B. beim Duschen.

7.6 Thermische Beeinflussung an der Entnahmearmatur

Eines der Argumente, das für eine Verlegung der Ausstossleitungen im Einzelzapfstellen-System spricht (👉 Einzelzapfstellen-System), ist die thermische Beeinflussung an der Entnahmearmatur.

Während das Einzelzapfstellen-System eine zuverlässige thermische Trennung ermöglicht, kommt es bei anderen Systemen zu Wärmeübergängen, welche das Legionellenwachstum begünstigen und die Trinkwasserhygiene beeinträchtigen.

Einzelzapfstellen-System (Einzelanschluss-Installation nach W3/E3, A10.1)

  • Verbrauch bei B beeinflusst A nicht

  • Keine gegenseitige thermische Beeinflussung

T-Stück-Installation (nach W3/E3, A10.2)

  • Verbrauch bei B beeinflusst A

  • Konvektion im Abgang zu A, Legionellenvermehrung im T-Bereich

  • Wärmebrücke an Mischbatterie A möglich

Reihen-Installation (nach W3/E3, A10.3)

  • Verbrauch bei B beeinflusst A

  • Wärmebrücke an Mischbatterie A

Wasserzirkulation in Stockwerken (nach W3/E3, A10.4)

  • Alle Entnahmearmaturen sind jederzeit von der Zirkulation thermisch beeinflusst

  • Wärmebrücken an allen Mischbatterien

  • Bei Vorwandinstallation: permanente Schachterwärmung

Ring-Installation (nach W3/E3, A10.5)

  • Verbrauch an B beeinflusst A und/oder andere Entnahmearmaturen. Durch die nicht eindeutige Fliessrichtung ist nicht absehbar, welche Entnahmearmaturen thermisch beeinflusst werden.

  • Wärmebrücke an Mischbatterie A und/oder anderen Mischbatterien

Thermische Beeinflussung bei den verschiedenen Apparategruppen und Stockwerkverteilungen

7.7 Spülsysteme

Bei optimaler Systemauslegung und Materialverwendung nach den Empfehlungen von Nussbaum kann in der Regel auf Spülsysteme verzichtet werden. Bei grösseren Leitungen oder bei Objekten mit saisonalem Betrieb oder besonderen hygienischen Anforderungen kann es jedoch notwendig sein, eine regelmässige Volumenerneuerung sicherzustellen. Dafür bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten:

  • Option 1: Einen manuellen Spülplan für das Betriebs- und Wartungspersonal entwickeln.

  • Option 2: Eine automatische Spülvorrichtung einsetzen.

Für die Spülung der Steigzone kann z. B. die zeitgesteuerte Stellantriebs-Einheit Easy-Matic (23300) eingesetzt werden. Mit der Easy-Matic kann auch ein digitales Zirkulationsventil gekoppelt werden, das die Kaltwassertemperatur in den Leitungen überwacht und bei Überschreiten eines Grenzwerts eine Spülung auslöst.

Wenn Spülstationen auf der Etage eingesetzt werden, ist zu beachten, dass diese an neuralgischen Stellen wie Duschschläuchen oder Brausen keine Wirkung entfalten. Dies kann nur durch Installation einer elektronischen Entnahmearmatur erreicht werden. Aber auch aus anderen Gründen ist eine nach den Empfehlungen von Nussbaum installierte Anlage mit Edelstahl in der Steigzone und Einzelzapfstellen-System auf der Etage eine bessere Lösung als andere Leitungssysteme mit einer automatischen Spülvorrichtung.

Zum einen gibt es eine Reihe von praktischen Vorteilen:

Merkmal

Einzelzapfstellen-System nach Nussbaum Lösung

T-Stück- oder Reihen-Installation mit Spülvorrichtung

Spülung des letzten Meters (Duschschlauch, Brause etc.)

Der letzte Meter wird beim Verbrauch nach 5 s mit frischem Wasser mitgespült

Der letzte Meter wird durch eine Spülvorrichtung nicht gespült

Thermische Beeinflussung an der Entnahmearmatur

Keine thermische Beeinflussung

Wärmeübergänge über Wärmebrücke am Mischer bzw. durch Konvektion

Verbrauch

Verbrauch nach Bedarf (nach 5 s frisches Wasser)

Spülung unabhängig vom Verbrauch

Planungssicherheit

Die Planung im Einzelzapfstellen-System ist einfach: einfache Dimensionierung der Rohrweiten, Einhaltung der 9-Meter-Regel

Das Einplanen der Spülvorrichtung ist kompliziert und erfordert einen zusätzlichen Stromanschluss

Betriebssicherheit

Das System funktioniert immer

Falls das Gerät ausfällt, werden Verbraucher verunsichert

Investitionskosten

Zwar werden ein paar Meter Rohr mehr als für eine T-Stück-Installation benötigt, jedoch ist keine aufwendige Spülstation erforderlich

Es entstehen Kosten für die Anschaffung der Spülstation und die Installation durch Fachkräfte

Betriebskosten

Keine Betriebskosten und keine Ersatzkosten, da das System langlebig ist

Stromkosten, Wasserkosten und Ersatzkosten, da das Elektrogerät nicht langlebig ist

Nachhaltigkeit

Keine unnötigen Geräte, keine Wasserverschwendung

Umweltbelastung durch die Herstellung und Entsorgung der Elektrogeräte, Wasserverschwendung, Stromverbrauch

Akustik

Geräusche nur beim Verbrauch

Störende Spülgeräusche, z. B. nachts

Vergleich der Nussbaum Lösung mit anderen Installationsformen mit Spülvorrichtung

Zum anderen gibt es Hinweise darauf, dass zu häufiges Spülen auch die Legionellenvermehrung fördern kann. Wie eine Studie des DVGW ergeben hat, ist bei einem Wasseraustausch im Modus «mehrmals pro Tag» die Vermehrungsgeschwindigkeit der Amöben und Legionellen höher anzusetzen als im Modus «mehrere Tage» mit längeren Stagnationszeiten. Mit Blick auf die resultierende Legionellenzahl stellt sich bei beiden Modi ein ähnliches Gleichgewicht ein (Dr. A. Korth et al.: Abschlussbericht «Schutz des Trinkwassers: Anforderungen an den bestimmungsgemäßen Betrieb kaltgehender Trinkwasser-Installationen unter dem Gesichtspunkt der Vermehrung von Legionellen», DVGW, Juli 2019).

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7.8 Verpackung

Um bereits bei der Montage die Erstkontamination zu vermeiden, müssen hygienische Verpackungseinheiten verwendet werden. Gleichzeitig sollte man aber auch ökologische Gesichtspunkte im Blick behalten:

Nicht immer sind Einzelverpackungen notwendig. Auch ein Karton oder ein 5er-Beutel können eine sinnvolle Verpackungseinheit sein – gerade bei kleineren Bauteilen, die in grosser Menge benötigt und umgehend auf der Baustelle verwendet werden. Aus ökologischer Sicht ist es auch nicht sinnvoll, unnötige Plastikkappen zu produzieren, die bei der Leitungsmontage entfernt werden müssen.

Wichtig ist, die Verpackungseinheit nach der Entnahme eines Bauteils wieder richtig zu verschliessen (Kartondeckel zuklappen, Beutelöffnung umschlagen). Die Produkte sollten nicht komplett ausgepackt und dann unverpackt auf der Baustelle gelagert werden.